Die Berliner Landeszentrale für politische Bildung hat eine recht informative Broschüre mit dem Titel „Berlin mitgestalten – Bürgerbeteiligung bei Bauvorhaben und Stadtentwicklung“ [1] herausgegeben, der die Abbildung sowie in Teilen die nachfolgenden Ausführungen entnommen wurden.
Spätestens ab den 1970er Jahren protestierten die Menschen gegen die damalige Baupolitik. Viele alte Viertel sollten abgerissen und neu gebaut werden. Die Proteste haben das an vielen Orten verhindert. Der öffentliche Widerspruch führte am Ende zum Umdenken.
Bei vielen Bauprojekten und in der Stadtentwicklung werden die Betroffenen deshalb unterdessen einbezogen. Dabei unterscheidet man zwischen formeller und informeller Bürgerbeteiligung:
– Formelle Bürgerbeteiligung ist gesetzlich vorgeschrieben: Wer wann und wie beteiligt werden muss, steht im Baugesetzbuch. Diese Gesetze stammen jedoch aus einer ganz anderen Zeit. Damals ging es vor allem um Rechtsicherheit und erst in zweiter Linie um Teilhabe.
– Informelle Bürgerbeteiligung, wie sie mancher Bauträger [2] unterdessen als neue Möglichkeit anbietet, ist eine Frage der Vernunft, aber keine Pflicht.
Für jede Form der Beteiligung gilt bei der Wahl des Zeitpunktes: Je früher die Öffentlichkeit gefragt wird, desto besser. Genau da liegt ein grundsätzliches Problem:
Am Anfang eines Projekts könnten Beteiligte die Planung noch stark beeinflussen. Ihr Interesse ist aber eher gering. Erst wenn die Pläne konkreter werden, nimmt das Interesse zu. Die Chance, Einfluss zu nehmen, nimmt dagegen immer weiter ab.
Breite Beteiligung steht erst am Anfang und ist noch lange keine Selbstverständlichkeit. Der Senat hat seinen Willen zu mehr Partizipation bekundet [3] und in einem langwierigen Prozess „Leitlinien“ entwickelt [4] [5]. Für eine wirkliche Kultur der Bürgerbeteiligung fehlt aber in der Politik und bei Behörden häufig noch das notwendige Verständnis. Dann muss die Partizipation von den Bürgern eingefordert werden.
Bauprojekte und Genehmigungsverfahren sind meist so komplex, dass man sich als einzelner zunächst völlig hilflos fühlt. Deshalb ist es wichtig, sich möglichst frühzeitig mit anderen interessierten Bürgern zu organisieren und auszutauschen. Hier können die angebotenen Beteiligungsformate [1] eine gute Orientierungshilfe sein. Zusätzlich sollte man wegen der für den „Anfänger“ kaum zu bewältigenden Komplexität auf die Erfahrung von Gruppen zurückgreifen, die sich schon länger mit dieser Thematik befassen, wie z.B. der Karlshorst e.V. Dann kann man auch besser entscheiden, ob man sich auf eines der angebotenen Formate einlässt oder eher einen eigenständigen Weg gehen möchte.
Sich zu beteiligen, kostet Zeit und Energie. Der Gewinn, den man davon hat, wiegt die Mühe aber fast immer auf; ganz im Sinne der Äußerung des Schriftstellers Max Frisch:
„Demokratie heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen.“
[2] https://inberlinwohnen.de/wp-content/uploads/2018/01/Partizipation.pdf
[3] https://www.parlament-berlin.de/ados/18/StadtWohn/vorgang/sw18-0046-v.pdf
[4] https://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/leitlinien-buergerbeteiligung/