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KINDER DER MODERNE: VOM AUFWACHSEN IN BERÜHMTEN GEBÄUDEN

Liebe Bücherfreunde, nun lädt wieder besonders die dunkle Jahreszeit zum Lesen ein. Nicht zuletzt locken auch die Festtage mit der Suche nach Ideen für den Gabentisch. Ich möchte heute auf ein Buch aufmerksam machen, das die Architektur in den Mittelpunkt stellt und wie diese auf ihre Bewohner wirkt. Es geht um berühmte Bauten der Moderne des frühen 20. Jahrhunderts, von international bedeutenden Architekten entworfen, die vielen ein Begriff sind, wie auch ihrer bahnbrechenden Meisterwerke, die nach dem Jugendstil mit einer eigenen anspruchsvollen Gestaltung der gesellschaftlichen Veränderung unter ökonomischen und ökologischen Aspekten Rechnung trägt.

Vorgestellt werden in dem Band mit guten Bilddokumenten und Grundrissen:

Die Reihenhaussiedlung „Weissenhofsiedlung“ von J.J. P. Oud in Stuttgart von 1927, einem niederländischen Architekten, einem Hauptvertreter des Funktionalismus.

Die „Villa Tugendhat“ von Mies van der Rohe in Brno (Brünn) von 1930, von dem berühmten Architekten, der auch in Berlin das Landhaus Lemke 1929 – 1932 errichtete. Er entwickelte moderne Tragstrukturen aus Stahl für eine hohe Variabilität der Nutzflächen und großflächige Verglasungen als Ausdruck konstruktiver Logik und räumlicher Freiheit. Viele zeitgenössische Architekten folgten dem Prinzip, dem sogenannten International Style.

Das „Haus Schminke in Löbau“ von Hans Scharoun, 1933, einem deutschen Architekten, der zu den bedeutendsten Vertretern der „organischen Architektur“ zählt, mit dem Grundgedanken, die Baugestalt aus dem Wesen der Bauaufgabe abzuleiten.

Und schließlich das Unité d´Habitation in Marseille von Le Corbusier, 1952, dem berühmten schweizerisch-französischen Architekten, der 1945 unter dem enormen Wohnraumbedarf eine ganze Stadt in ein einziges Haus integrierte, das viele kleine Wohneinheiten mit Geschäften, Gaststätten, sogar einem Schwimmbad auf dem Dach verband und für die Kinder Spielzonen im Treppenhaus vorsah. Auch in Berlin, im Ortsteil Westend, ist ein kleiner Ableger als Le-Corbussier-Haus zu finden.

Wie war die Erfahrung, in einem Bau der Moderne aufzuwachsen? Wie hat diese radikal andere Umgebung die Kinder und späteren Erwachsenen geprägt? Dieses Buch zeichnet ein intimes und ungewöhnliches Porträt der Architektur der Avantgarde. Die Autoren haben persönliche Interviews mit ehemaligen Bewohnern geführt und dabei heitere wie auch ergreifende Erinnerungen aufgezeichnet. Sie identifizierten sich weitgehend mit ihrer Wohnumgebung, brachten sich zum Teil auch mit Ideen und Wünschen ein, waren auch stolz, ein ungewöhnliches Zuhause zu haben. Dennoch gibt es kein einheitliches Fazit über das bewusste Aufwachsen in einem Gebäude der Moderne.

Dieses anspruchsvolle Buch von Julia Jamrozik und Coryn Kempster (University at Buffalo, the State University of New York), herausgegeben 2021 vom Birkhäuser Verlag GmbH, Basel, eröffnet einen umfassenden Überblick über herausragende Bauten der Moderne in ihrer Vielfältigkeit und in Beziehung zum Leben der Bewohner.

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