Aus dem Küchenstudio Kottmair: Immobiliengericht nach klassischem Vorbild mit einer fetten Renditesoße. Das Rezept ist einfach! Das Grundstück von der Resterampe der deutschen Bahn wird mit zu groß geratenen Brocken garniert, nachdem störendes Grünzeug entfernt wurde. Bürger dürfen bei der Zubereitung zuschauen, haben aber nichts zu sagen. Die lebende Lärmschutzwand mit Gleisanschluss wird bis zur Planreife leicht geköchelt und dann abgeschöpft. Auf Wunsch gibt das Stadtplanungsamt den geeigneten Senf dazu.
Achtung: Kann Spuren von Allergenen enthalten. Es besteht die Gefahr der städtebaulichen Unverträglichkeit!
Beim Gericht werden deutliche Fehler in der Rezeptur erkennbar.
Folge 2: DAS SCHMECKT NICHT JEDEM
Der ganze Genehmigungsprozess wird vom Bezirksamt in einer Bauakte dokumentiert. Diese wurde eingesehen und was sich in den zwei prallvollen Ordner fand, hinterließ einen ernüchternden und fast schon deprimierenden Eindruck:
Der Genehmigung enthält den Bebauungsplanentwurf von 09/2018. Die danach durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung, in der zahlreiche Bürger ihre Bedenken und Anregungen äußerten, findet sich nicht in den Akten. Der Gesetzgeber schreibt im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens eine solche Beteiligung vor. Das Bezirksamt sieht aber offensichtlich keine Veranlassung, den Sachverstand der Bürger in irgendeiner Weise zu berücksichtigen.
Das zeigt sich besonders deutlich bei der Lärmsituation: Insbesondere in den Morgenstunden führen Bremsproben etc. der Züge auf der Abstellanlage zu einer erheblichen Lärmbelastung. Das damals erstellte Lärmgutachten ging von 4 Abstellgleisen und 1 Rangiergleis aus. Schon mit dieser Annahme wurden die zulässigen Werte im östlichen Block überschritten, so dass dort gesunde Wohnverhältnisse nicht gegeben sind. Dieser Block ist für Sozialmieter vorgesehen.
Unterdessen wurde durch den Ausbau eines anderen Gleises (581) das bisher zum Rangieren notwendige Gleis (582) auch als Abstellgleis nutzbar, so dass in Spitzenzeiten 5 statt wie in der bisherigen Berechnung 4 ICE-Züge morgens für deutlich mehr Lärm sorgen werden.
Auf diese Veränderung wurde im „Bauausschuss“ mehrfach hingewiesen und vorgeschlagen, das Gutachten um die veränderte Situation zu ergänzen. Diese wurde abgelehnt.
Die unheilige Allianz von Investor und Bezirksamt, die gewünschte Bebauung durchzusetzen, zeigt sich auch bei der rechtswidrigen Erteilung einer Fällgenehmigung im Jahr 2019. Normalerweise muss ein Antragsteller nachweisen, dass er Eigentümer ist und dass die Baugenehmigung o.ä. erteilt wurde. Obwohl beides damals nicht vorlag, hat das Amt ohne weitere Prüfung den Antrag auf Baumfällung innerhalb eines Tages genehmigt. Das bedeutete auch das Ende eines 100 Jahre alten Baumes.
Aber auch wenn alles „rechtmäßig“ zugeht, heißt es noch lange nicht, dass es gut ist. Für die 158 Wohnungen sind laut offiziellem Bewertungsschlüssel gerade einmal 14 Kita- und 16 Grundschulplätze eingeplant. Dieser Schlüssel wird bei allen Neubauvorhaben angewendet. So verwundert es nicht, dass jeder Neubau die trostlose Situation in Karlshorst verschärft. Es müssen also erst Kitas und Schulen gebaut werden, bevor die nächste Baugenehmigung erteilt wird.
Am Ende bleibt nur noch die bedauerliche Erkenntnis, dass die Beteiligung der Bürger -trotz aller Lippenbekenntnisse- nicht wirklich erwünscht ist und dass letztendlich nur noch Gerichte solche Planungen korrigieren können. Deshalb ist eine Klage in Vorbereitung.
das interessante ist, dass der Flächennutzungsplan von 2020 noch eine GFZ von 0,8 aufweist.